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Offene Recherche

Von Fiktionen zu Fakten zu mehr Fiktionen.

Warum eine gute Recherche nicht aufhören darf, wenn ich meine Fragen beantworten konnte.

Mein kommender Roman ist beinahe fertig, jetzt finde ich auch wieder die Zeit für einen Blogbeitrag. Heute schreibe ich darüber, wie ich eine ordentliche Recherche beginne.

In meinem neuen Roman »High Tech Terror« stehen Displays und Kameras im Fokus der Geschichte. Diese Elektronik ist in unserer Welt allgegenwärtig. Die Auflösung von Handydisplays, Fernsehern und Computerbildschirmen erreicht jeden Tag neue Höhen. Die Ausdrücke Full HD, Retinadisplay oder 8K-Auflösung kennt man aus Werbeprospekten und technischen Beschreibungen. Hardware-Details wie AMOLED-Display oder Quantendots sind zumindest in immer mehr Artikeln von Technikportalen und Fachzeitschriften zu finden.

Doch obwohl all diese Begriffe einfach zu finden sind, reichen sie bei Weitem noch nicht aus, um innerhalb einer Geschichte die grundlegenden Zusammenhänge zwischen den vielen Wissenschaften zu erklären, die in Hightechgeräten zusammenspielen. Wissenschaften wie Elektrotechnik, Materialkunde, Chemie und auch Optik. Darum ist eine gute Recherche unerlässlich, wenn ich mich in meinen Geschichten nicht auf Oberflächlichkeiten und Werbeversprechen verlassen will.

Ich beginne mit dieser sehr offenen Recherche schon, wenn ich nur eine grobe Idee zur Geschichte habe. Wenn ich also weiß, was das Thema ist, welche Ausbildung der Protagonist hat und wie der zentrale Konflikt aussieht.
Dann mache ich mir eine lose Tabelle mit Stichworten, die ich recherchieren möchte. Ich schreibe auch Fragen auf, die ich für meine Geschichte wissen muss.
Fragen wie diese: Wie genau wird Full HD definiert? Und warum waren Full-HD-Fernseher vor zehn Jahren noch etwas Besonderes, während Full-HD-Handydisplays heute bereits der Standard sind?
Wie können chinesische Smartphone-Hersteller ihre Geräte dreimal billiger anbieten als die Amerikaner, obwohl anscheinend alle von Foxconn zusammengebaut werden?


Eine solch offen gestaltete Recherche entwickelt sich oft zu einem Kreislauf, der mit einer Idee, einer Fiktion zu einer Tatsache beginnt, zu einem Fakt führt, woraus sich wieder neue Fiktionen entwickeln.

Die Anfangsideen dieses Romans sind:

 

Mein Roman soll in Deutschland spielen, in einer Firma oder einer Forschungsinstitution, die an neuen Technologien für Displays forscht. Mein Protagonist arbeitet dort auf einer eher unspektakulären Stelle. Also recherchiere ich solche Forschungsinstitutionen mit Wikipedia, Google, in der c’t oder im Deutschlandfunk etc. So kam ich zum Fraunhofer Institut für angewandte Polymerforschung in Potsdam.
Auf der Website lese ich, dass dieses Institut sich mit der Chemie wie auch der Elektronik für Displays beschäftigt. In den Forschungsbereichen angewandte Polymere oder auch druckbare Elektronik. Das Fraunhofer Institut scheint also schon mal ein geeigneter Schauplatz zu sein, denn es ist eine internationale Forschungseinrichtung, die sich mit der Grundlagenforschung beschäftigt und auch eine Menge Patente anmeldet, die sicherlich auch das Ziel für Wirtschaftsspionage sein könnten.

Meine ersten Fragen wurden also beantwortet. Ich hatte meinen Handlungsort gefunden.
Aber jetzt hörte ich nicht auf, denn auf der Website las ich dann, dass die dortigen Forschungsbereiche, zusammen mit ihren Partnern und Kunden, neuartige Fertigungsmethoden entwickeln. Verspricht eine Technologie oder Fertigungsmethode viel Potenzial, wird sie an die Großindustrie angepasst. Meist indem aus der Einzelfertigung eine Pilotanlage entwickelt wird, um kleinere Serien zu fertigen.

Jetzt  kann ich das Institut genauer beschreiben, da ich eine neue Art von Räumlichkeiten kenne. Neben Büros und einfachen Laboren kann ich die Handlung auch in einer solchen Anlage spielen lassen. Zudem thematisiere ich auch die Zusammenarbeit zwischen Institut und Kunden. Diese Zusammenarbeit ist auch immer eine Art von Beziehung. Und wo Beziehungen sind, da gibt es wieder Spannungen und Konflikte.

Der meist letzte Schritt einer solch offenen Recherche ist die Vertiefung in die Geschichte der Fundstücke. Bei Technologien sind es dann weitere Recherchen, um die Hintergründe zu verstehen. Bei Institutionen oder Personen suche ich auch nach Zeitungsartikeln. Denn ich will wissen, ob es in der Vergangenheit besondere Vorkommnisse gab, die ich ebenfalls thematisieren kann. Wie etwa die Einweihung von Pilotanlagen oder die Verleihung eines besonderen Forschungspreises.

So eine Recherche ist meist wie ein kleiner Urlaub für mich, in dem ich wahnsinnig viele neue Dinge lerne und neue Eindrücke gewinne.

Gruß, Niko Herwegh.

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